4.3.1. Erdöl

Wir haben festgestellt, dass die Erde nicht wächst. An den offiziellen Statistiken u.a. der Welternährungsorganisation haben wir gesehen, dass die Weltbevölkerung sich in den letzten zweihundert Jahren mehr als verachtfacht, seit 1973 mehr als verdoppelt hat. Ein noch größeres Problem für die durchaus endlichen Ressourcen der Erde ist der allgemein gestiegene Lebensstandard. Während vor fünfzig Jahren in China das Fahrrad das wichtigste Fortbewegungsmittel war, fahren heute viele dort mit dem Auto. Die meisten haben wenigstens ein Motorrad. In China wurden im letzten Jahr mehr als 25 Millionen PKW produziert. Das Land ist vom agrarisch geprägten Schwellenland zum führenden Industriestaat geworden. Während viele Industriedaten in Europa zurückgehen, rücken Staaten wie Indien, Brasilien, Südafrika, Vietnam, Malaysia und die Türkei in vielen Bereichen nach oben. Der Verbrauch von Rohstoffen steigt dadurch weltweit stark an. Meadows, Zahn und Milling hatten in Die Grenzen des Wachstums 1 in verschiedenen Versionen ihrer mathematischen Rechenmodelle auf die Endlichkeit von Rohstoffen hingewiesen und werden dafür bis heute massiv kritisiert.

Die weltweite Rohölförderung hat sich von 1965 mit  1.567,6 Millionen Tonnen auf  4.479,2 Millionen Tonnen im Jahr 2019 fast verdreifacht. Das Netzwerk Association für the Study of Peak Oil and Gas (ASPO) ermittelte ein Maximum an globalen Neufunden von Erdöllagerstätten für das Jahr 1964. Seitdem gehen die Neufunde zurück und es werden vor allem neue Lagerstätten gefunden, die keine klassische Erdölförderung zulassen. Dies sind Vorkommen in Meeresgebieten, wobei die Tiefen neuer Entdeckungen immer größer und damit die Erschließung technisch  sehr anspruchsvoll und damit sehr teuer werden. Richtig große neue Vorkommen sind meist aus Ölschiefer oder Ölsanden zu gewinnen. Dies ist aber finanziell und technisch aufwändig und mit großen Umweltbelastungen verbunden. Neuentdeckungen klassischer Ölvorkommen geschehen nur noch selten und betreffen meist kleinere Lagerstätten. Durch die neuen Technologien, wie Fracking und das energieaufwändige Ausspülen aus Sanden, verschob sich der einst errechnete Ölpeak von 2005 ins Jahr 2019. Damit scheint ein Maximum erreicht worden zu sein. Seit etwa 2005 geht die klassische Erdölförderung zurück. In Kanada wurde der peak oil bei klassischer Förderung im Jahr 1973 erreicht. Im Jahr 2010 gewann Kanada bereits 51 Prozent des Erdöls aus Ölsand. Zurzeit gilt Venezuela als Land mit den größten Ölreserven. Das problematische, weil  sulfidreiche Öl dort ist überwiegend in Sanden enthalten. Venezuela kann es aber nur schwer gewinnen, da es nicht in ausreichendem Maße über die notwendige Technik verfügt. Im Jahr 2011 wurde ausgerechnet, dass die weltweiten Ölreserven noch 56 Jahre reichen würden. Inzwischen hat sich herausgestellt, dass dies aber eine sehr positive Schätzung war, denn die meisten Ölförderländer haben offenbar zu große Reserven angegeben, um hohe Fördermengen durchsetzen zu können. So können wir einigermaßen sicher sein, dass spätestens unsere Enkel das Ende des Öls erleben werden. Unseren gewohnten Lebensstandard werden sie aber wahrscheinlich schon lange vorher eingebüßt haben. Das Öl wird überdies ja nicht nur in Heizungen, Kraftwerken und Kraftfahrzeugen verbrannt. Es wird vor allem für die riesige Zahl von chemischen Produkten, von Arzneimitteln über Farben, Haushaltchemie bis zu Kunststoffen benötigt. Um dies für kommende Generationen noch zu gewährleisten, müsste ab sofort eigentlich die Verbrennung von Erdöl massiv reduziert werden.

Obwohl die Problematik der endlichen Rohstoffe seit Jahrzehnten bekannt sein müsste, hat die Wirtschaft der USA niemals sinnvolle Maßnahmen insbesondere zur Senkung des Öl- und Kraftstoffverbrauches umgesetzt. Es ist schwer, den Amis Autos mit weniger als acht Zylindern und dreieinhalb Litern Hubraum schmackhaft zu machen. Solche Karren währen einfach zu unamerikanisch. Das hatten sie anscheinend ihrer Meinung nach auch nie nötig. Die USA hatten und haben weitere Möglichkeiten, welche ein „normaler Staat“ nicht hat.

Grafik Wirtschaft USA

Grafik Wirtschaft USA

Das Diagramm zeigt deutlich den dramatischen Rückgang der Erdölförderung in den USA bis etwa 2010. In einem Artikel einer geologischen Zeitschrift las ich Ende der neunziger Jahre, dass die Erdölreserven der USA maximal noch etwa vier Jahre reichen würden. Im März des Jahres 2003 überfiel das aggressivste Imperium aller Zeiten den erdölreichen Staat Irak. Der Anlass dafür war die angebliche Existenz großer Mengen von Massenvernichtungswaffen im Lande Saddam Husseins. Das der Kriegsanlass dokumentiert und dargelegt vor dem UN-Sicherheitsrat von A bis Z erstunken und erlogen war, ist heute hinlänglich erwiesen. Ich möchte hier auf den Unterschied zwischen Kriegsanlass und Kriegsgrund hinweisen. Der Anlass war erlogen, aber was war der Grund? Grafiken sagen manchmal mehr als Worte. Trotz allem gewannen US-Unternehmen bisher nur wenig Öl aus dem Irak. Die irakischen Ölarbeiter bestreikten das Tochterunternehmen der US-Monsterfirma Halliburton bis zur Aufgabe. Das Gebiet des Irak ist heute ein failed state geworden und in endlosen Bürgerkriegsgemetzeln fast untergegangen. Die Rettung des „Ölvernichters USA“ fand sich dann im Frackingverfahren, mit dem die Ölförderung bald in gewaltige Höhen schoss, was die USA und ihre NATO-Vasallen nicht daran hinderte, Ölförderländer wie Libyen und Syrien in die Steinzeit zurück zu bomben. Mit dem Fracking kann der Öl-Bedarf der USA fast abgedeckt werden. Nur das dabei auch anfallende Gas muss noch irgendwo hin. Das Embargo Russlands durch die europäischen Vasallen und die Vernichtung der Erdgasleitungen Nordstream I. und II. schafft nun auch dafür eine Lösung. Deutschland ist regelrecht gezwungen das Fracking-Gas zum gegenüber dem russischen Erdgas vielfachen Preis abzunehmen.

4.3.2. Lithium

Unsere Gesellschaft kann ohne moderne Transportmittel nicht aufrecht erhalten werden. Würden die Bauern zu einem ökologischen Landbau mit geringem Mechanisierungsgrad zurückkehren, würden weltweit in kurzer Zeit mehrere hundert Millionen Menschen zwangsläufig verhungern müssen. Ohne Kraftfahrzeuge ist unser Leben schwer vorstellbar. Neue Antriebe müssen eingeführt werden. Insbesondere für die Energiespeicher der Elektrofahrzeuge sind seltene Rohstoffe in bisher ungeahnten Mengen notwendig. Dazu gehört beispielsweise Lithium.

Lithium ist in der Erdkruste mit einem Anteil von 0,006 Prozent enthalten. Das Problem ist, dass es sehr stark verteilt ist, also selten einigermaßen konzentriert vorkommt. Es kommt im Meerwasser in Konzentration von 180μg pro Liter vor und an Land können Pflanzen, wie Tabak oder Hahnenfuß es aus dem Boden heraus in ihrem Gewebe anreichern.2 Diese Konzentrationen ermöglichen aber zur Zeit noch keine Gewinnung des Elementes. Heute wird Lithium vor allem in Chile, Argentinien und neuerdings auch Bolivien aus dem in Salzseen und unterirdischen Solen vorkommenden Lithiumchlorid gewonnen. Im Salar de Atacama kommt es mit einer Konzentration von 0,16 Prozent vor. Das Problem in vielen Abbaugebieten ist aber, dass viel Wasser für die Gewinnung gebraucht wird, das in der ariden Landschaft nur begrenzt zu Verfügung steht. So haben aktuelle Gewinnungsanlagen den Unmut der Menschen im Umland hervorgerufen, da Wasser für die Landwirtschaft fehlt und stark salzhaltige Abwässer (all die anderen Meeressalze) zunehmend zum Problem werden. So muss man sagen, dass von der Ressourcenbasis wahrscheinlich nur ein recht kleiner Teil tatsächlich ökonomisch vertretbar zur Gewinnung genutzt werden kann. In Australien gibt es Pegmatit-Gesteine mit einem hohen Lithiumgehalt. Inzwischen wurden auch in Europa, so bei Zinnwald Vorkommen von Pegmatit (Zinnwaldit) exploriert. Auch in China und den USA wird Lithium gewonnen. In den Medien erscheint oft China als eine Macht, welche die Lithium-Gewinnung dominiert. Das stimmt so nicht. Allerdings hatten die Chinesen sich in einer Zeit, in der sich die deutsche Automobilindustrie noch komplett der Entwicklung verweigert hatte, sich in der Welt „umgetan“ und Beteiligungen an Firmen erworben und diverse Kooperationen aufgebaut. Während westliche Konzerne Länder in Afrika und Südamerika postkolonial auszuplündern suchten, haben die Chinesen Partnerschaft angeboten und auch bekommen.

Zurzeit werden jährlich 82.000 Tonnen Lithium produziert. Für das Jahr 2030 geht man von einem Bedarf von 560.000 Tonnen aus. Sollten die sich jetzt entwickelnden Produktionsstandorte nicht ausreichen, um diese extremen Steigerungsraten abzudecken, werden die Preise steigen. Der Preisanstieg wird dann auch den Abbau an heute unwirtschaftlichen Standorten ermöglichen. In Anbetracht dieser Entwicklung wird Elektromobilität für nennenswerte Teile der deutschen Bevölkerung unerschwinglich bleiben. Der Knackpunkt ist die Lebensdauer der Batterien. Viele Leute aus meinem Bekanntenkreis, viele Pflegekräfte, Verkäuferinnen, „Paketfahrer“ und auch Leute, die nur einen möglichst kleinen Teil ihres Einkommens für Mobilität ausgeben wollen, fahren ältere Gebrauchte. Die letzten Fahrzeuge, die ich besaß, entstammten der Preisklasse < 1.500 €. Gefühlt, denn mir fehlt bis jetzt hier das Zahlenmaterial, werden Menschen dieser Mobilitätskategorie in sehr naher Zukunft aus finanziellen Gründen kein Auto mehr fahren können. VW hat unlängst die kleinen Modell Lupo und Up aus dem Produktionsprogramm genommen. Es gibt quasi für Normalverdiener kein bezahlbares Elektroauto aus deutscher Produktion. Die Regierung subventioniert nun die tonnenschweren E-SUV´s der Reichen mit Steuermitteln beispielsweise von „Oma Huschke“ und den vielen Radfahrern. Erschwingliche E-Fahrzeuge aus China werden mit 43 % Steuern belegt und so ebenfalls für Normalverdiener nicht finanzierbar. So sieht unsere Energiewende aus.Die „modernen Pfaffen unserer Zeit“, die Medienschaffenden bereiten die Bevölkerung auf diesen Verlust von Lebensqualität vor. Verzichtspredigten haben in der protestantischen Religion bekanntlich eine lange Tradition.

4.3.3. Seltene Erden

Unter dem Begriff Seltene Erden werden Übergangsmetalle wie Scandium, Ytrium und Lanthan der 3. Nebengruppe sowie 14 Elemente, die als Lanthanoide bezeichnet werden, zusammengefasst. Einige dieser chemischen Elemente, wie Cer, Ytrium und Neodym sind dabei gar nicht selten. Sie sind in der Erdrinde häufiger enthalten als Kupfer, Blei oder Molybdän. Am seltensten ist Promethium. Thulium ist immerhin häufiger als Gold und Platin. Dennoch sind sie rar bzw. begehrt, weil sie meist, wie Lithium, sehr in der Erdkruste verteilt sind. Selten gibt es höhere Konzentrationen, die einen gezielten wirtschaftlichen Abbau ermöglichen. Sie sind meist in vielen verschiedenen Mineralien in geringen Mengen enthalten. Höhere Konzentrationen enthalten Monazit und Bastnäsit. Die VR China sind mit Abstand der größte Förderer dieser Rohstoffe. Inzwischen werden die Elemente auch in den USA, Australien und auf Madagaskar gewonnen3.

Die Seltenen Erden sind heute unabdingbar für viele moderne Schlüsseltechnologien. Ich möchte hier nur wenige wichtige Anwendungen auflisten. Scandium wird für Brennstoffzellen und Laser, Ytrium, wie auch Europium für LEDs, LCD- und Plasmabildschirme verwendet. Lanthan benötigt man für Nickel-Metallhybrid-Akkumulatoren z.B. in Elektroautos, sowie in wie auch Cer in Katalysatoren und Rußpartikelfiltern. Praseodym und Neodym wird wie auch Samarium für leistungsstarke Magnete in E-Motoren und vielen anderen elektromechanischen Anwendungen gebraucht. Promethium kommt als Wärmequelle in Raumfahrzeugen und bei Leuchtziffern zum Einsatz. Gadolinium, Terbium, Dysprosium, und Thulium kommen als Leuchtstoffe aber auch in anderen Anwendungen vor. Erbium und Ytterbium werden in Lasern, Thulium in Röntgengeräten und Lutelium in Positronen-Emmissions-Tomographen eingesetzt. Für diese Elemente gibt es aber noch viele weitere Verwendungsmöglichkeiten.

Die seltenen Elemente werden meist mit Säuren aus den Mineralien gelöst. Neben den dabei anfallenden großen Mengen an giftigem Schlamm werden zudem giftige, radioaktive Thorium- und Uranverbindungen und auch giftige Schwermetalle herausgelöst. Die Absetzteiche der Produzenten in China haben gewaltige, inzwischen gefährliche Ausmaße erreicht. Sie stellen eine Gefahr vor allem für das Grundwasser dar. Ein solches Absetzbecken allerdings aus der Goldgewinnung havarierte am 30. Januar 2000 in Baia Mare in Rumänien. Durch einen Dammbruch gelangten mindestens 100.000 m3 Natriumcyanidlauge in die Theiß und anschließend in die Donau und tötete fast alles Leben zumindest in der Theiß. Das Potential der Umweltgefährdung aus der Gewinnung von seltenen Erden wird in kurzer Zeit die Bedrohung durch andere Bergbaumethoden übersteigen. Bernhard Janzing, Claudia Valentin und Volker Mrasek4 gehen davon aus, dass sich der Bedarf an Seltenen Erden bis zum Jahr 2050 um den Faktor 60 bis 300 vervielfältigen wird. Eine Prognose über Preise und das Ausmaß der Umweltbelastung ist deshalb schwer zu beschreiben. Mit zunehmender Nachfrage werden auch Vorkommen mit geringerer Konzentration erschlossen werden müssen. China hat inzwischen den Export dieser Elemente beschränkt und Quoten festgelegt. Für Yttrium, Thulium und Terbium existiert ein vollständiges Exportverbot. Man kann davon ausgehen, dass die USA vor allen die Versorgung der eigenen Wirtschaft priorisieren werden. Ein Merkmal der Massenproduktion der vergangenen Jahrzehnte war, dass hohe Stückzahlen die Preise für unsere Konsumgüter senkten. Die Basis damals war vor allem Kohle als Energie und Eisen als Rohstoff, das in Form von Oxiden eines der häufigsten Elemente der Erde ist. Desweiteren wurde Erdöl zur Herstellung von Gummi- und Kunststoffen sowie Aluminium aus dem Mineral Bauxit und Glas aus dem wie Eisen äußerst häufigen Silizium-Oxiden fabriziert. All diese Rohstoffe kommen in sehr vielen Ländern vor. Bei den seltenen Erden ist dies nicht der Fall. Die Rohstoffsituation der kommenden Zeit wird von Steigerung der Gewinnungskosten der Rohstoffe ausgehen müssen. Ich persönlich befürchte dass Elekromobilität für durchschnittliche Menschen nicht preiswerter werden wird als zurzeit. Das ist ein großer Unterschied zu den Grundbedingungen der Industriealisierung, die im Verbund mit anderen Phänomenen, wie Gewerkschaften und der Sozialdemokratie den Wohlstand breiter Kreise ermöglichten. Die individuelle Mobilität wie auch der tatsächliche Wohlstand wird, gemessen an der „Guten Zeit“ (1960 bis 1980) in der ich aufwuchs, deshalb gesetzmäßigerweise massiv sinken.

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1 Donella H. Dennis L. Meadows, Jorgen Randers & William W. Behrens, 1972,The Limits of  Growth, Universe Books

2 https://de.wikipedia.org/wiki/Lithium

3 https://de.wikipedia.org/wiki/Metalle_der_Seltenen_Erden

4 https://de.wikipedia.org/wiki/Metalle_der_Seltenen_Erden